Hyperthermie und Strahlentherapie

Das Potential der Hyperthermie wird mehr und mehr erkannt. Es ist eine im Grunde natürliche Aktion – ähnlich dem Fieber- und richtig angewendet hat sie keine langfristigen Nebenwirkungen. Interessant ist, dass Ziele und Gründe Hyperthermie einzusetzen sich sehr unterscheiden können. Heute soll hier auf die Hyperthermie in Kombination mit der Strahlentherapie eingegangen werden. Zwei Autoren im Journal of Clinical Oncology schrieben vor einigen Jahren schon Hyperthermie sei „one of the most effective radiation sensitisers known“, also eines der effektivsten Mittel Strahlentherapie wirkungsvoller zu gestalten1.

Warum also hat die nebenwirkungsarme Hyperthermie ein solches Potential die Behandlung einer Strahlentherapie effektiver zu machen?
1. Zunächst sollte nochmals vergegenwärtigt werden, was die harte Gammastrahlung eigentlich auf die Zellen bewirkt. Zunächst nämlich gar nichts! Nur indirekt, indem sie auf Sauerstoffmoleküle trifft und dabei freie Sauerstoff-Radikale erzeugt. Und es sind diese Radikale, die dann die DNA-Schädigungen verursachen. D.h. also wenn man im Zielgebiet eine hohe Sauerstoff-Anreicherung hätte, dann wäre die Wirkung einer Strahlentherapie auch deutlich höher verglichen zu einer Umgebung mit relativ weniger Sauerstoffanreicherung. Nun ist es leider so – Sie ahnen es schon – dass Tumorgewebe in der Tendenz weniger gut mit Sauerstoff versorgt wird als gesundes normales Gewebe. Alle Maßnahmen, die Sauerstoffsättigung etwas zu verbessern, helfen also. Und genau das ist eine der Wirkungen von lokaler Hyperthermie. Durch die Erwärmung kommt es zu einem lokal höheren Blutdurchfluss, die Gefäße weiten sich etwas und auch die Permeabilität, also die Durchlässigkeit einer Blutbahn ins Gewebe, wird verbessert. Hyperthermie hilft also, dass mehr Radikale entstehen, die die eigentliche Ursache der beabsichtigten DNA-Schäden sind. Eine lokale Hyperthermie im Zielgebiet kann auch über einige Tage hinweg das Niveau der Sauerstoffanreicherung leicht erhöhen2.

2. Nach einer Strahlentherapie sind nun im Zielgebiet viele Zellen mit Brüchen in der Doppelhelix ihrer DNA. Jede Zelle hat nun inhärente Mechanismen, diese Doppelbrüche wieder zu reparieren. Aber wenn eine Zelle Stress hat, dann wird dieser Reparaturmechanismus gehemmt. Und Hitze ist eine Form von Stress. Dieser Effekt – im englischen salopp als „fix the damage“ bezeichnet bewirkt also, dass die Intention, die DNA der Krebszellen im Zielgebiet durch die Strahlentherapie zu zerstören, auch nachhaltiger erreicht werden kann, wenn Reparaturen in geringerem Umfang möglich sind.

Es gibt weitere Synergieeffekte, die mit dem Zellzyklus einhergehen, auf die nicht näher eingegangen werden soll. Jedoch vor allem gibt es immunologische Synergieeffekte mit der Strahlentherapie, die in einem separaten Beitrag später dargestellt werden sollen.
Jedenfalls sind diese Gründe auch klinisch gut belegt. Es gibt in der Zwischenzeit eine große Vielzahl an Studien, die die Ergebnisse einer Strahlentherapie alleine mit den Ergebnissen der gleichen Strahlentherapie, dann jedoch in Kombination mit lokaler Hyperthermie untersucht haben. Die Ergebnisse sind hochsignifikant zu Gunsten der Kombinationsbehandlung mit Hyperthermie13. Von daher ist es eigentlich schade, dass noch viele Strahlentherapien im deutschsprachigen Raum – darunter auch einige Universitäten – noch immer nicht die Hyperthermie als Kombinationstherapie integriert haben.

> zu den gesamten Literaturquellen


  1. M. R. Horsman, J. Overgaard; Hyperthermia: a Potent Enhancer of Radiotherapy. In: Clinical Oncology (2007) 19: 418e426 doi:10.1016/j.clon.2007.03.015  

  2. L.Lüdemann, G. Sreenivasa, H.Amthauer, R.Michel, J.Gellermann, P.Wust; Use of H2 15O Pet for investigating perfusion changes in pelvic tumors due to regional hyperthermia. In: Int.Journal of Hyperthermia June 2009 25 (4): 299-308  

  3. NR Datta, SG Ordóñez, US Gaipl, MM Paulides, H Crezee, J Gellermann , D Marder, E Puric,S Bodis; Local hyperthermia combined with radiotherapy and-/or chemotherapy: recent advances and promises for the future. In: Cancer Treat Rev. 2015 Nov;41(9):742-53. doi: 10.1016/j.ctrv.2015.05.009. Epub 2015 May 27. Review. 

Dr. med. Hüseyin Sahinbas

Dr. Hüseyin Sahinbas gilt als einer der führenden Experten für Hyperthermie in der onkologischen Behandlung in Europa. Er ist Facharzt für Radiologie mit Schwerpunkt interventionelle Mikrotherapie (viele Jahre am Grönemeyer Institut tätig gewesen), Facharzt für Radio-Onkologie, und hat vielfache Zusatzqualifikationen in der Komplementärmedizin, TCM, Palliativmedizin. Er ist Oberarzt der Klinik für Strahlentherapie und Radio-Onkologie in Bochum und mitinvolviert im Instituts für Hyperthermie Forschung an der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2010 ist er zusätzlich Betreiber einer eigenen privaten Schwerpunktpraxis für Hyperthermie und Komplementärmedizin, die primär onkologisch ausgerichtet ist. Seit Mai 2018 ist er als Präsident der deutschen Gesellschaft für Hyperthermie verantwortlich und ein international viel nachgefragter Vortragender zu den oben genannten Themenkomplexen.

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